Der Mensch und besonders wir Frauen brauchen eine ausreichende Mikronährstoffversorgung, wie Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente für die normale Funktion unserer Zellen. Zusätzlich haben viele dieser Stoffe das Potential, die Zelle vor negativen Einflüssen zu schützen1. Um den Körper dabei zu unterstützen, wachsen die Angebote von Nahrungsergänzungsmittel (kurz NEMs) stetig.
Doch mindestens genauso groß wie das Sortiment von NEMs ist auch die Anzahl kritischer Stimmen gegen eine Einnahme, denn die Meinungen gehen hier stark auseinander. Doch was bedeutet das nun für uns Verbraucher:innen? Sollte ich nun Nahrungsergänzungsmittel einnehmen oder nicht?
Wir von FEMNA sind in die Recherche gegangen und haben uns kritisch mit dem Thema auseinandergesetzt. Alle Antworten findest du hier! Dazu erwarten dich 3 Tipps, was du beim Kauf von Nahrungsergänzungsmittel beachten solltest.
Wozu brauchen wir Mikronährstoffe überhaupt?
Wie du vielleicht schon weißt, besteht der Körper aus BILLIONEN von winzigen Zellen, die für die verschiedenen Abläufe in unserem Körper verantwortlich sind. Die Mikronährstoffe sind dabei die treibende Kraft – quasi das Benzin, ohne das unser “Auto” (Körper) nicht fahren bzw. funktionieren könnte.
Doch die Energiegewinnung ist nicht das Einzige, wofür die Vitalstoffe benötigt werden, denn beteiligt sind diese an zahlreichen Stoffwechselprozessen. Zum Beispiel für die richtige Kommunikation zwischen den (Nerven-)Zellen, für die Regeneration, das Funktionieren des Immunsystems und vieles mehr. Außerdem könnten wir ohne Vitalstoffe die Makronährstoffe aus unserer Nahrung (sprich Eiweiße, Kohlenhydrate und Fette) gar nicht optimal verwerten!
Neben Vitaminen und Mineralstoffen gibt es allerdings noch eine weitere große Gruppe, die gerne etwas “vernachlässigt” wird: Die Antioxidantien. Antioxidantien sorgen noch mal für eine Extraportion Zellschutz. Damit hier keine Verwirrung entsteht: Manche Vitamine zählen ebenfalls zu den Antioxidantien. Doch eben auch viele weitere, besonders sekundäre Pflanzenstoffe (z.B. Polyphenole, Saponine oder Flavonoide).
Doch wie nehme ich diese so wichtigen Vitalstoffe nun zu mir? Grundsätzlich finden wir sie in unseren Nahrungsmitteln sowie im (Trink)wasser – bedeutet das also, dass ich durch meine Ernährung genug Mikronährstoffe zu mir nehme? Eine Bejahung dieser Frage ist wohl das größte Argument der Kritiker gegen Nahrungsergänzungsmittel. Schauen wir uns diese Seite einmal genauer an:
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Was sagen die Kritiker?
Viele Kritiker verweisen gerne auf den Fakt, dass eine “unnatürlich hohe Gabe isolierter Vitamine” zu Gesundheitsschäden führe1 sowie das Gleichgewicht des Vitalstoffhaushalts durcheinander bringen kann. Hierzu ist zu sagen, dass es sich dabei um wirklich unkontrollierte und unverhältnismäßig hohe Dosen von Präparaten handelt. Beispielsweise ist hier eine Studie2 über Selen angeführt: Die Teilnehmer:innen klagten nach einiger Zeit über starken Haarausfall. Beim genaueren Betrachten fällt jedoch auf, dass eine Dosis von über 700 Mikrogramm verabreicht wurde. Zum Vergleich: Die empfohlene Tagesmenge liegt laut DGE bei 20-50 Mikrogramm.
Des Weiteren wird immer wieder vor verunreinigten Nahrungsergänzungsmitteln gewarnt. Das ist natürlich ein Argument, was seinen berechtigten Platz hat. Verunreinigungen oder qualitativ minderwertige Produkte können überall lauern – sowohl in manchen Präparaten als auch in “normalen” Nahrungsmitteln oder Produkten des täglichen Bedarfs. Achte daher stets auf die Herkunft und die Qualität!
Das Hauptargument vieler Gegner ist allerdings wie bereits erwähnt, dass unsere Ernährung ausreichend Mikronährstoffe liefern würde. Voraussetzung dafür sei eine möglichst bunte und abwechslungsreiche Ernährung, so die deutsche Verbraucherzentrale. Eine Supplementierung (d.h. das zusätzliche Zuführen durch z.B. Nahrungsergänzungsmitteln) sei daher unnötig bzw. sinnlos. Die Frage, ob eine ausgewogene Ernährung wirklich ausreichend ist, ist eine sehr häufig gestellte Frage. Daher betrachten wir diesen Punkt einmal genauer:
Reicht eine ausgewogene Ernährung?
Zunächst einmal ist zu klären, was genau das Wort “ausgewogen” bedeutet. Sowohl in Fachkreisen als auch im Internet kursieren eine Vielzahl verschiedener Ernährungsformen: Bei dem einen soll man weitestgehend auf Obst verzichten aufgrund des hohen Fruchtzuckers, gleichzeitig empfiehlt die DGE zwei Portionen Obst am Tag. Mal heißt es Fett sei ungesund und dann widerrum dass es essentiell für ein intaktes Herz- Kreislauf- und Hormonsystem sei. Es gibt unzählige solcher Beispiele. Woher soll frau also wissen, was genau “ausgewogen” bedeutet?
Weiter stellt sich die Frage, wie realitätsnah eine “ausgewogene Ernährung” ist. Kann frau überhaupt “alles richtig” machen? Wie sieht es in stressigen Situationen aus? Dem fettigen Mittagessen in der Kantine oder den Snacks zum Filmabend? Sicherlich: Ausnahmen sind erlaubt. Kann ich heutzutage überhaupt genügend Mikronährstoffe zu mir nehmen?
Und selbst wenn der Großteil meiner Ernährung pflanzenbasiert ist, sind denn überhaupt genügend Nährstoffe in den Pflanzen enthalten? Wir denken hier nur einmal an die Intensivierung der Landwirtschaft: Überdüngung, Überzüchtung, Monokulturen, lange Transportwege und Lagerzeiten. All dies sind Faktoren, die es Vitaminen, Mineralstoffen und Co. sehr schwierig machen. Studien zeigen, dass unser tägliches frisches Obst und Gemüse nicht mehr so gehaltvoll ist, wie es noch vor 50 Jahren der Fall war3,4,5. Expert*innen gehen von einer Verringerung des Nährstoffgehalts um rund 40% aus.
Ein gutes Beispiel dazu liefern unsere selen- und jodarmen Böden. Durch den geringen Anteil dieser Mineralstoffe schwankt dementsprechend der Gehalt bei den verschiedenen Nahrungsmitteln stark. Das ist problematisch, denn Selen und Jod sind essentiell für eine gut funktionierende und gesunde Schilddrüse.
Je nach Zubereitung der Lebensmittel kann es zudem zu großem Vitalstoffverlust kommen. Denken wir hier nur an die licht- und hitzeempfindlichen B-Vitamine. Bereits bei falscher Lagerung kann es hier zu deutlichen Einbußen kommen.
Zusammengefasst bedeutet das für uns, dass eine komplette Bedarfsdeckung sich als durchaus schwierig erweist – selbst bei vermeidlich “gesunder Ernährung”. Zudem gibt es bestimmte Situationen, in denen der weibliche Körper einen erhöhten Verbrauch an Mikronährstoffen hat:
Über Nährstoffräuber und Risikogruppen
Der Körper ist nicht jeden Tag ein und der selbe. Besonders wir Frauen sind zyklische Wesen. Daher gibt es Umstände, bei denen wir etwas mehr Unterstützung seitens der Vitalstoffe benötigen. Diese sind:
- Schwangerschaft (z.B. Folsäure)
- Kinderwunschzeit (z.B. Selen)
- Menstruation (z.B. Eisen)
- Stress (z.B. die B-Vitamine)
- (Leistungs-)Sport (z.B. Magnesium)
- Essstörungen, wie Anorexie oder Bulimie (z.B. B-Vitamine)
Zusätzlich ist sich die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin einig, dass ein erhöhter Mikronährstoffbedarf vorliegt bei6:
• Krebspatient:innen
• Älteren Menschen
• Menschen, die an entzündlichen Darmerkrankungen leiden (z.B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)
Zudem gibt es einige Medikamente, die dem Körper nachweislich Mikronährstoffe entziehen. Beispiele hierfür sind:
- Die Pille (entzieht B-Vitamine, Vitamin C, A, E und K)
- Metformin (entzieht Vitamin B12, sowie B9)
- Antibiotika (entzieht B-Vitamine, C, A, D, K)
Häufig sind auch chronische und/oder stille Entzündungen (sogenannte “silent inflammations”) Vitalstoffräuber. Begünstig werden diese durch falsche Ernährungsgewohnheiten, Nikotin oder Stress. Auch Veganer:innen und Vegetarier:innen sollten aufpassen, dass sie alle wichtigen Nährstoffe in ausreichender Menge ersetzen können und zu sich nehmen.
Wichtig ist auch, dass die Mikronährstoffe letztendlich in der Zelle ankommen. Mögliche Hindernisse können sein:
- gestörte Aufnahme
- durch z.B. Darmerkrankungen bzw. Barrierestörungen (Leaky gut)
- fehlende Transportproteine
- z.B. das Transferrin ist das Eiweiß, das wie ein Schiff Eisen transportiert. Ein Mangel hier kann zu einer gestörten Eisenverwertung führen
- besetzte Rezeptoren
- Zellrezeptoren sind schon “belegt” durch z.B. Umweltbelastungen wie Aluminium – die Nährstoffe kommen also nicht “rein”
- Enzymmangel oder Co-Faktoren
- Enzyme und Co-Faktoren unterstützen Prozesse bzw. die Verwertung
- z.B. sind Magnesium und Vitamin K2 unerlässlich für Vitamin D
Nahrungsergänzungsmittel: Was ist nun die richtige Dosierung?
Wenn die Kritiker vor einer zu hohen Dosierung warnen, wie kann ich dann sicher gehen, dass ich nicht in eine Überversorgung rutsche? Gleichzeitig gibt es zu dem Thema Stimmen die sagen, dass die von offiziellen Stellen empfohlene Tagesdosis zu gering sei. Du siehst hier mal wieder viele Uneinigkeiten! Häufig ist es diese Verunsicherung, die vor Nahrungsergänzungsmitteln abschreckt. Deshalb solltest du dich an die Verzehrempfehlungen des Herstellers halten.
3 Tipps beim Kauf von Nahrungsergänzungsmitteln
- Auf die Qualität kommt es an!
- Gerne liest man über Verunreinigungen oder minderwertigen Inhaltsstoffen. Versichere dich, dass du hochwertige Nahrungsergänzungsmittel zu dir nimmst mit einer guten Rohstoffqualität!
- Hole dir Rat
- Du hast Fragen zu bestimmten Präparaten oder allgemein über deine Frauengesundheit? Unsere spezialisierten Beraterinnen von FEMNA stehen dir gerne zur Seite!
- Achte auf die richtige Lagerung
- Am besten sind deine NEMs lichtgeschützt und in einem Glascontainer aufgehoben (Glas enthält keine Hormone wie sie in manchen Plastikverpackungen zu finden sind. Und schließlich sollten wir Frauen diese Umwelthormone meiden)
Und noch ein Wort zum Schluss
Wie du sehen konntest spalten Nahrungsergänzungsmittel die Meinungen. Doch bei diesem Thema sollte man sich von seinem Schwarz-Weiß-Denken verabschieden, denn eine differenzierte Herangehensweise ist erforderlich: Habe ich eine Unterversorgung? Gehöre ich zu Risikogruppen? Wie ernähre ich mich? Habe ich einen erhöhten Bedarf z.B. durch Medikamente? Wie du siehst sind diese Fragen sehr individuell. Man sollte daher nicht alle Nahrungsergänzungsmittel über einen Kamm scheren.
Schlussendlich kann man sagen, dass die positiven Eigenschaften von Mikronährstoffen sich nicht mehr leugnen lassen. Mittlerweile gibt es zahlreiche Studien, die eine Steigerung des Wohlbefinden sowie die Förderung der Gesundheit belegen. Sie sind wissenschaftlich anerkannt und in der sogenannten “Health Claim Verordnung”7 , die von der EU herausgegeben verabschiedet wurde, zu finden.
Allerdings gilt natürlich stets zu bedenken, dass Mikronährstoff-Präparate eine gesunde Ernährung nicht ersetzen können – hier heißt es dann: Zusammenarbeit ist gefragt!
Quellen
1 https://www.klartext-nahrungsergaenzung.de/produkte/immunsystem, ein Angebot der Verbraucherzentrale
2 MacFarquhar JK., Broussard DL. Melstrom P. et al. (2010): Acute selenium toxicity associated with a dietary supplement, in: Arch Intern Med. (170/3), p. 256-261, DOI: 10.1001/archinternmed.2009.495
3 Davis, D. (2009): Declining Fruit and Vegetable Nutrient Composition: What Is the Evidence?, in: HortScience Vol. 44 (1), p. 15–19, DOI: https://doi.org/10.21273/HORTSCI.44.1.15
5 https://www.scientificamerican.com/article/soil-depletion-and-nutrition-loss/
6 Symposium „Wie sinnvoll sind Nahrungsergänzungsmittel?“, 123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), 29.4.2017, Mannheim.
7 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32012R0432&qid=1403863040750&from=DE